|
Eine im Wesentlichen gelungene Folge, die man meines Erachtens als teilweise durchaus subversive Agentenfarce sehen sollte. Top-Agenten der CIA sind auch nur Menschen und nehmen sich wichtiger / sehen sich perfekter und unersetzlicher, als sie sind – stattdessen sind sie reichlich spleenig. Diese Lesart kann ein paar scheinbare Ungereimtheiten erklären. Zwei Schnüffler höchsten Ranges treffen sich auf einem Rummelplatz, weil einer halt ein Faible für Rummelplätze hat. Dass man dort fotografiert werden kann? Egal. Und wie kleine „boys and their toys“ demonstrieren sie ihre Schießkünste und machen sich dergestalt selbst zu Schießbudenfiguren, auf dass man sich auch ja an sie erinnere. Einer der beiden, gespielt vom Columbo-„regular“ Patrick McGoohan (immerhin mal ein Kandidat für den Bond, echt jetzt), wirtschaftet auch noch unter falscher Identität in die eigene Tasche. Ein anderer, gespielt von Leslie Nielsen, muss deswegen sterben, wunderschön ausgeleuchtet des Nachts unter einer Strandbrücke. Die Informationen wie ein erwähnter Mikrofilm, die konspirativ gegen Unsummen den Besitzer wechseln sollen und ach so wichtig für die Sicherheit von was auch immer seien, bleiben hübsch im Dunkeln (das ist das, was bei Hitchcock „McGuffin“ genannt wird). Und noch in dem Moment, in dem eine Art Oberboss der CIA Columbo trifft, wählt man einen betont „kindischen“ Schauplatz (einen historischen Zug in einem Themenpark). Das alles ist von hübscher Hitchcock’scher Absurdität; der Meister wählte oft auch Schauplätze der bewusst banalen Öffentlichkeit für Hochgeheimes (und ließ den Grund der finsteren Machenschaften im Dunkeln und also absurd komisch erscheinen, wie etwa in „Der unsichtbare Dritte“ und „Eine Dame verschwindet“). Eine Weile hat es gleichwohl gedauert, bis ich mich darauf einlassen konnte. Zunächst stochert Columbo im Dunkeln, ist zwar noch nicht wie James Bond im Orient, begafft aber allzu überdeutlich eine Bauchtänzerin in einer Bar und nervt einen Assistenten zu herablassend (besser: „Blumen des Bösen“; noch schlechter: „Der alte Mann und der Tod“). Dann aber kommt der Film auf Kurs; zunächst, wenn sich herausstellt, dass das Opfer den Namen eines noch Lebenden gewählt hat, was schön zum Mimikry der Schlapphüte passt und schon die abgedrehten Abgründe des letzten Aktes vorwegnimmt. Dann beim Aufeinandertreffen der Antagonisten. Trotz der genannten Fehler hat Columbo es mit einem Mann zu tun, der eloquent, weltgewandt, hochgebildet, gerissen und auch bedrohlich machtvoll ist, und das ist bekanntlich immer eine Stärke der Serie. Hier setzen die Macher auch in der fünften Staffel noch neue Akzente bzw. eins drauf: Columbo hat überhaupt kein Problem damit, sich mit den scheinbar so viel Mächtigeren anzulegen. Wunderbar bizarr ist ein längeres Treffen mit dem Täter in dessen Prachthaus, in dem er den Inspektor gleichzeitig zuvorkommend bedient und bedroht: Er demonstriert seine Fremdsprachenkenntnisse und seine vermeintliche Überlegenheit, indem er die Diener auf Japanisch anweist sowie Columbo auf Italienisch begrüßt. Und er weiß z.B. genau, was die Lieblingsmusik von „Mrs. Columbo“ ist, weil er die eheliche Wohnung abgehört hatte. Nur weiter an die privaten Nieren des Ehe- und Familienmenschen Columbo ging nur „Ruhe sanft, Mrs. Columbo“! Natürlich siegt Columbo dennoch. Vielleicht ist es kein Zufall, dass dem Mann, der sich doch in den außenpolitischen Ränken bestens auskennen sollte, der Zeitpunkt des Bekanntwerdens des chinesischen Olympiaboykotts zum Verhängnis wird (wobei die deutsche Synchro dem beliebten Irrtum anheimfällt, eine Olympiade mit den Olympischen Spielen zu verwechseln). Der Täter ist eben vor allem: selbstverliebt und eitel, und so konnte er nicht lassen, eine Pointe in einer Rede zu setzen, die zum angeblichen Zeitpunkt des Redenschreibens noch gar nicht gesetzt werden konnte. Welchen Fehler ich aber nicht psychologisch oder satirisch erklären kann und für eine schlichte Drehbuchblödheit halte: Einmal setzt der Mörder einen Zuträger in ein Auto und lässt dieses explodieren, was wir nur aus dem Off hören statt sehen. Schon dass das Opfer verletzt im Krankenhaus wieder auftaucht, ist verwunderlich. Das haben die Autoren wohl gemerkt und lassen jemanden erklären, dass der Bombenbastler den Insassen nicht töten WOLLTE, da er zu wenig Sprengstoff verwendet und diesen am aus Tätersicht ungünstigen Ort platziert hatte. Dies nun ist eine absolut hirnrissige Verschlimmbesserung, da der Verletzte den Täter beschreiben kann, was trotz dessen Maske ein irrsinniges Risiko ist und später auch tatsächlich zur Enttarnung führt. Wegen der beschriebenen sehr gelungenen Elemente im zweiten und dritten Akt bewerte ich die Episode dennoch im grünen Bereich, mit 7 von 9 Punkten. |