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Während Täter oft nicht gesehen werden wollen, legt es die Täterin diesmal auf das Gegenteil an. Dies scheint Sinn zu ergeben, weil sie eine Kunstfigur ist, die „Black Lady“ (eher mangels Dunkelhäutigkeit eine „Lady in Black“, soviel zur Idiotie des deutschen Titels). Als verkleidete Edelprostituierte lässt sich die Täterin auf ein Spiel mit ihrem Freund ein, den das auch nicht verwundert, da die Dame eine erfolgreiche Sex-Therapeutin ist. Statt der Zunge (die Verweigerung des Zungenkusses bei gleichzeitiger Inaussichtstellung ist meisterhaft inszeniert wie gespielt) dringt dann aber eine Pistolenkugel in den Mann ein. Da Columbo im Kollegenkreis der Täterin ermittelt, dreht sich im Folgenden vieles um Sex. Eine gewisse Gratwanderung, die aber hervorragend gelingt, da die Folge weder offen versaut wird noch das Treiben diskreditiert. Columbo ist vielmehr auf sympathische Weise konservativ wie auch ambivalent. Nach seinem Liebesleben befragt, verweist er – natürlich – auf seine Ehe, grinst aber verschmitzt. Ist er verunsichert oder denkt er sich: „Es geht Euch alle doch nix an, dass ich mit Mrs. Columbo ein wunderbares Intimleben ohne Euren Schnickschnack habe“? Wir können nicht sicher sein. Ist das nicht herrlich? Wenn Brunnenfontänen zu Columbos Versuch, Tuba zu spielen, spritzen, mag dies sexuell konnotiert sein, ist aber hinreichend dezent, um auch als herrlich absurder Humor durchzugehen. Gelungen sind ferner die Szenen mit den herrlich spinnerten und reichlich komplexbeladenen Kollegen. Dass man bei sowas immer aufpassen muss, nicht den Bogen zu überspannen, ist klar. In dieser Folge gefällt mir das noch besser als in #40 – die mit den Intelligenzbestien, in denen selbige teils wirklich überzogen verschroben und bescheuert erscheinen: Columbo wird drei Mal um Rat gefragt und gibt drei Mal eine Antwort, die völlig nichtssagend ist, aus der die Fragenden aber jeweils das heraushören können, was sie wollen; und sie sind dankbar! Eine wunderbare Satire wider die Phrasendrescherei. Wobei diese Folge trotz gewisser grenzwertiger Albernheiten (Szene mit der osteuropäischen Putzfrau!) auch aus anderen Gründen recht weit oben rangiert, bietet sie doch neben der Satire und der üblichen Cleverness einen ansprechenden Psychokrimi. Die Kunstfigur wird nämlich zu einem zweiten Ich der Täterin, im Grunde zu einem zweiten und dritten Ich. Dies wird nicht nur in ihrem Schlussmonolog klar, sondern auch in vorherigen Szenen mit inszenatorischem Geschick, in denen vor allem Spiegel zum symbolischen Einsatz kommen. Teils geschieht dies eher beiläufig; besonders auffällig ist dies hingegen, wenn sich die Black Lady in zwei (!) Spiegelbilden streitet; mit sich selbst und mit der realen Person. Mindestens drei Seelen stecken in der Dame! Der Film hat aber so deutliche Fingerzeige gar nicht nötig; ihm gelingt es zudem, dies mit dem Kriminalfall zu verbinden. Man weiß zwar, dass nur eine Dame mit dem Opfer im Mordzimmer war, aber durch Blut- und Haaranalyse (falsches Blut, falsches Haar) stellt sich heraus, dass es drei gewesen sein müssten. Das passt ja irgendwie… Schließlich ist der Film auch optisch gut inszeniert, indem er die Werbeglanz-Erotik à la „Neuneinhalb Wochen“ mit Neo-Noir-Ästhetik verbindet. Vielleicht noch eine Winzigkeit besser geworden wäre er durch einen wirklichen Star, eine große Diva, in der Mörderinnenrolle. Um solche Stars war es in den Folgen ab 1989 bekanntermaßen schlechter bestellt als in denen bis 1978; vielleicht, weil es sie nicht mehr gab. Aber die wunderbare Faye Dunaway fiele mir da schon ein, die uns später glücklicherweise die großartige Folge 62 schenkte. Gleichwohl liegt eine inhaltlich wie inszenatorisch weit überdurchschnittliche Episode vor, 8 von 9 Punkten. |